DSM-V – Das neue Verzeichnis für psychische Störungen für die Diagnosestellung

Eine überarbeitete Fassung des US-amerikanische Diagnosesystems DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) wird im Jahr 2013 erscheinen – das DSM-V, auch als DSM-5 bekannt. Übersetzt bedeutet DSM so viel wie Verzeichnis für psychische Störungen.

Das DSM ist auf der ganzen Welt anerkannt und beeinflusst maßgeblich das für Deutschland gültige Krankheitsverzeichnis ICD (International Statistical Classification of Diseases) der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das aktuelle ICD-10 klassifiziert verschiedene Krankheiten. Im Jahr 2015 wird das überarbeitete ICD-11 erscheinen, das DSM-V wird hierfür als Vorlage dienen.

Psychische und Verhaltensstörungen (F00-F99) Auszug aus dem ICD-10 zum Thema Angst
Phobische Störungen Eine Gruppe von Störungen, bei der Angst ausschließlich oder überwiegend durch eindeutig definierte, eigentlich ungefährliche Situationen hervorgerufen wird.
Andere Angststörungen Bei diesen Störungen stellen Manifestationen der Angst die Hauptsymptome dar, ohne auf eine bestimmte Umgebungssituation bezogen zu sein.

Quelle: Auszug aus dem Kapitel V, ICD-10

Mehrere Teams, unterstützt von einigen hundert Experten, kümmern sich seit mehr als zehn Jahren um die Kategorisierung der verschiedenen Erkrankungen, mitunter auch Angsterkrankungen. Das erklärte Ziel der Experten ist, ein Katalog für psychische Erkrankungen mit möglichst objektiv erfassbaren Merkmalen, ein Merkmal könnten beispielsweise Biomarker (z.B.: Hormonwerte, Hirnaktivitäten, Gene) sein, auszuarbeiten.

Ein Kritikpunkt an dem kommendem Kategorisierungssystem DSM-V ist, dass die Arbeitsgruppen ihren Bereich ausdehnen und bisher geltende Krankheitskriterien aufweichen. Folglich rechnen Ärzte und Psychologen damit, dass die Zahl der Diagnosen steigt. Denn das DSM-V bemüht sich noch mehr als der Vorgänger, DSM-IV, bloß keinen Hilfsbedürftigen zu übersehen und für jedes Verhalten eine Diagnose zu definieren. Kritisch zu betrachten ist weiterhin, dass nach dem „British Medical Journal“ mehr als die Hälfte der Arbeitsgruppenmitglieder von der Pharmaindustrie finanziell unterstützt werden.

Vorzüge des DSM-V: Angst-Diagnose mit Schweregradbeschreibung

Neben der Kategorisierung von Störungen versucht das DSM-V für eine differenzierte Diagnose die Störungsmerkmale in Dimensionen einzuteilen. An dieser Stelle sei ein fiktives Beispiel genannt: Ich habe Angst vor dem Fliegen. Um Flugangst zu diagnostizieren müssen beispielsweise noch weitere Anzeichen gegeben sein: Höhenangst und Platzangst.

Für die entsprechende Diagnose müssen die Ängste mindestens sechs Monate andauern. Sind die, nach DSM-V fest definierten, Anzeichen erfüllt, ist die Diagnose gesichert: Flugangst – oder eines der Anzeichen (Höhenangst, Platzangst oder Dauer) fehlt, egal ob ich bei dem Gedanken an einen Flug Panik bekomme, habe ich dem kategorischen Denken nach keine Flugangst.

Um dieses Problem zu umgehen, soll künftig die Möglichkeit bestehen, die Diagnose anhand von Dimensionen festzustellen. Das bedeutet, dass man beispielsweise entweder keine, ein bisschen, ziemlich oder extreme Flugangst hat. Bekanntlich hängen Ängste und Depressionen miteinander oft zusammen oder lassen sich nicht klar voneinander trennen. Angstpatienten können demnach auch depressiv sein und umgekehrt. Die Einteilung nach Dimensionen soll das Problem der Komorbidität (Begleiterscheinungen) besser differenzieren als bislang.

Auf der Skala für Angst erreicht der Patient beispielsweise einen ziemlichen hohen Wert und für Depressionen einen niedrigeren. Demnach kann die schwere der Störung festgehalten werden und ergänzt damit die Feststellung gestört oder nicht gestört.

Ausblick: Weiterentwicklung des DSM-V und mögliche Nachfolger

Das DSM-V wird frühestens im Frühjahr 2013 vorgestellt. Zwar ist seit dem Entwicklungsbeginn im Jahr 1999 einige Zeit vergangen, allerdings wird weiterhin kräftig über das DSM-V diskutiert werden und die Entwicklung hält weiter an. Mit fortlaufenden Praxistests, Forschungsprojekten und Arbeitsgruppen soll das DSM-V weiterhin verbessert werden – involviert sind sowohl Kliniken, als auch niedergelassene Therapeuten. Darauf basierend wird das ICD-11 voraussichtlich im Jahr 2015 veröffentlicht. Wer sich letztlich als praktizierender Arzt an die Kataloge hält, ist eine ganz andere Frage. Man kann vermuten, dass sich das DSM-V etablieren wird, da es an zahlreichen Universitäten gelehrt wird und somit die nächste Generation von Therapeuten prägt. Parallel wird dann wohl schon am Nachfolger, dem DSM-6, oder DSM-VI, gearbeitet.

„Krank“ oder „nicht krank“ – das DSM-V erlaubt Zwischenstufen

Vor der dritten Version des DSM im Jahre 1980 galt die Diagnostik von psychischen Störungen als unzuverlässig, fehlerhaft und widersprüchlich. Es gab keinen verbindlichen Rahmen für die unterschiedlichen Expertengruppen. Je nach schulischer Auffassung wurde unterschiedlich diagnostiziert. Zudem werden in den verschiedenen Ländern die Begriffe um psychologische Störungen unterschiedlich aufgefasst. Nunmehr setzen sich die Arbeitsgruppen aus Experten der ganzen Welt zusammen und versuchen seit dem DSM-III klare Kriterien zu schaffen. Die Grundlage für die Entwicklung geeigneter Therapieverfahren wurde damit geschaffen.

Das DSM-V versucht nun, die Klassifikationen der Störungen nach neuen Forschungserkenntnissen zu gestalten und bessere Lösungen für die Diagnostik von psychischen Störungen offenzulegen. Wie oben bereits angesprochen, soll es nicht mehr nur die „vorhanden – nicht vorhanden“- Lösung geben, sondern die Störung kann um die Angabe eines Schweregrades ergänzt werden. Zudem können in den einzelnen Störungsbildern weitere Begleiterscheinungen in Betracht gezogen werden.

Für die generalisierte Angststörung bedeutet dies zum Beispiel, dass man bei dem Auftreten entsprechender Symptome von einer generalisierten Angststörung sprechen kann, wenn diese über einen Zeitraum von drei Monaten auftreten. Die Symptome müssen nicht mehr, wie bisher, über einen Zeitraum von sechs Monaten auftreten. Auch die Symptome werden nun mit dem DSM-V detaillierter und differenzierter beschrieben.

Haben wir bald alle Ängste und psychische Störungen?

Jeder wird wohl nicht unter einer psychischen Störung oder unter Ängsten leiden. Allerdings bleibt die Zahl psychischer Erkrankungen hoch. Inwieweit das DSM-V Einfluss in den nächsten Jahren auf die Diagnostik und Anzahl psychischer Erkrankungen hat, bleibt schwer abzuschätzen. Hier befürchten Experten durch die Kategorisierung und Differenzierung einen Anstieg. Schließlich ist das Gehirn das komplexeste Organ des Menschen und damit leider auch, wie so oft bei komplexen Dingen, sehr anfällig.

Weiterführende Links:

Hirnforscher entdecken die Ursache der Angst

Forschern ist es endlich gelungen die Ursache von Angst und Furchtlosigkeit zu erforschen. Es scheint Tatsache zu sein, dass verschiedene Hirnregionen konkurrieren, während eine Region Angstgefühle mindert, scheint eine andere Hirnregion als Gegenspieler Angstgefühle zu schaffen. So lässt sich auch erklären, warum es sehr ängstliche Menschen gibt, andere Menschen hingegen bewahren selbst in extremen Situationen die Ruhe. Entscheidend bei der Charakterformung ist die Frage des Aktivitätsgrades der jeweiligen Hirnregionen, hier scheint die dominante, die aktivere Hirnregion charakterbildend zu sein.

Festgestellt wurde die Ursache für Angst von US-Forschern mit Hilfe von Gehirn-Scans. Während die Gehirnaktivitäten aufgezeichnet wurden, setzte man die freiwilligen Probanden verschiedenen Angstsituationen aus. Festgehalten wurden die Erkenntnisse im Neuron (Link zum Artikel “Fear-Conditioning Mechanisms Associated with Trait Vulnerability to Anxiety in Humans”), einem Wissenschaftsjournal der Universität California.

Die Forscher machen Angstpatienten Mut: Aus den gewonnen Erkenntnissen lassen sich in Zukunft neue Angsttherapien entwickeln. Vorher müsse aber weiter geforscht werden, so ist noch offen, ob die Regulierung der Angst erlernbar oder genetisch festgelegt ist.

Sicher ist, dass man definitiv auf dem richtigen Weg ist. Das zeigt auch das Beispiel einer Frau, deren angstschaffende Hirnregion (Mandelkern, oder auch Amygdala) völlig zerstört ist. Die Frau kann keine Angst empfinden.

Weitere Informationen:

Viele Kinder haben Angst vor Operationen

Wie die Internetseite aerzteblatt.de berichtet haben rund 60 Prozent aller Kinder Angst vor einem chirugischen Eingriff. Die größte Angst haben die Kinder dabei nicht vor der Operation selbst, sondern sie fürchten sich vor der Narkose. Die Angst äußere sich durch die Verweigerung der Narkose und aggressivem Verhalten, weiß der Kinderanästhesist Andreas Machotta zu berichten.

Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin führt die Gründe der Kinderangst vor Operationen auf verschiedene Gründe zurück. Unter anderem werden Schmerzen, negative Erfahrungen bei früheren Eingriffen und die fremde Umgebung als Ursache für die Angst genannt.

Die Ängste der Kinder sollen nun breitflächig vor den Operationen bekämpft werden. Hierbei setzen die Ärzte auf Aufklärung durch erklärende Videos, die Zusammenarbeit mit den Eltern und Broschüren. Außerdem werden die Fragen der Kinder nun tiefgehend und erläuternd erklärt, bis die Kinder keine Angst mehr vor der Operation haben.

Ein weiterer Ansatz ist die Ruhigstellung mit Hilfe von Medikamenten. Sehr ängstlichen Kindern wird bereits seit einiger Zeit ein angstlösendes Medikament vor der Operation gegeben, so werden nicht nur die Panikattacken vor oder während der Operation bekämpft, es kommt auch nach den Operationen zu weniger Komplikationen, da Stress und Aufregung die Heilung und Genesung der operierten Kinder verzögern kann.

Steht bei Ihrem Kind auch in Kürze eine Operation an, können Sie folgende Tipps beachten und Ihrem Kind so die Angst vor der OP nehmen:

  • Zeigen Sie Ihrem Kind nicht, dass Sie Angst haben.
  • Besprechen Sie den Ablauf der Operation rechtzeitig mit dem Anästhesist / Arzt.
  • Ist die Gabe angstlösender Medikamente möglich? Sie nehmen Ihrem Kind die Angst direkt vor dem Eingriff.
  • Sprechen Sie offen mit Ihrem Kind über die Operation und mögliche Ängste. Kinder sind ebenso wie Erwachsene ruhiger, wenn Sie wissen, was auf sie zukommt.
  • Machen Sie Ihrem Kind die Notwendigkeit der Operation klar.
  • Reichlich Süßigkeiten und Kuscheltiere lenken von dem Stress ab und insbesondere Kuscheltiere können gute Freunde und eine echte Hilfe für Kinder sein.

Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Sie haben die Möglichkeit Ihre Erfahrungen bezüglich der Überwindung der OP-Angst in den Kommentaren mitzuteilen. Andere Leser und Eltern freuen sich mit Sicherheit über Ihre Empfehlung, wie Ihr Kind die Angst vor der OP überwinden konnte.